Nürnberger Spielwarenmesse 2017
Spielwarenmessen - die gibt es schon immer, so scheint es, denn wir kennen diesen Begriff von Kindheit an. Allein, sie wurde erst 1950 zum ersten Mal in Nürnberg als Folge der deutschen Teilung eröffnet. Zuvor spielte man einmal im Jahr in Leipzig.
Nun kennen die Betriebswirte bei jeder Unternehmung ein s.g. Lebenszyklusmodell. Der Gründung folgt die Expansionsphase, gefolgt von der Reifephase und dann kommt sie, unwiderruflich, teilweise krass oder auch schleichend, die Degenerationsphase.
Wir fahren seit ca. 20 Jahren zu dieser Messe, haben uns durch Menschenmassen hindurch auf den Graupnerstand gedrängt, um ein Blick auf die Neuheiten des Jahres zu erhaschen, die zwar neu waren, aber unter Umständen erst Jahre später die Warentische des Handels entdeckten.
Große Modellbaufirmen wie Robbe ( ja Robbe war mal groß ! ) oder Kyosho bauten ihre Stände in zwei Etagen, um die Hallenfläche optimal zu nutzen.
Zwar war die Messe schon immer nur dem Fachpublikum offen, aber gute Kunden wurden von ihrem Fachhändler mit Eintrittskarten versorgt und pilgerten in das Mekka des Modellbaus - nach Nürnberg.
Und heute - heute fahren junge Verkäufer auf Rollern durch die Gänge der Halle 7A, was bei einer etwas gehobenen Publikumsdichte undenkbar wäre. Stellwände kaschieren freie Ausstellungsflächen und in der Sitzlounge der Halle bekommt man zu jeder Zeit einen Platz - und das am Sonntag ! Wie war das gleich mit dem Lebenszyklus ?
Vielleicht sind aber Messen heute nicht mehr trendy. Horizon Hobby hatte schon im Vorfeld der Nürnberger Messe abgewunken. Und es wird nicht die letzte Firma sein.
Neuheiten werden heute sofort nach der Fertigstellung auf dem Markt platziert, das Internet macht es möglich. Früher haben wir uns nach der Messe ein Modell ausgesucht, wenn es dann im August den Handel erreicht hat haben wir es gekauft und an Mutti vorbei in die Werkstatt geschmuggelt. Dann einen Winter lang gebaut und im Folgejahr geflogen. Ein immer währender Zyklus !
Heute sehen wir ein Modell, kaufen es, Akku rein und am kommenden Wochenende ist es in der Luft. Wer wartet da noch auf eine Messe.
Egal, wir haben wieder Karten und stürzen uns in das Getümmel oder in leere Gänge und genießen die Tatsache an jedem Stand angesprochen zu werden, oder fast an jedem und beginnen mit unserer neuen Lieblingsfirma - Multiplex. Der Stand scheint im vergangenen Jahr eingemottet worden zu sein, er präsentiert sich wie 2016 nur der Easyglider 4 ist neu. Die Form ist natürlich die gleiche, weil bewährt, aber Details haben sich verändert - beim DDR-Trabant war das ebenso, die Form stets die gleiche, aber das Muster auf dem Lenkrad - neu !
Beim EasyGlider 4 ist das Höhenleitwerk abnehmbar und die Flächenaufhängung ist verbessert. Vielleicht ist die Flächenmontage jetzt auch easy glidefähig.
Dann gab es noch eine sehr biedere Extra 330SC Indoor Edition. Das EPP Modell ist sehr robust aufgebaut und unterscheidet sich nur wenig von den geläufigen Hacker-Modellen.
Und da wären wir auch schon bei Hacker. Zwei kleine Stände, einer für die EPP-Modelle, die man allerdings wenig im Handel sieht und ein weiterer mit Motoren. Auch hier konnte ich keine Neuheiten erspähen.
Nur wenige Schritte entfernt -Pichler. Und endlich mal was Neues, wir
wollten unseren Augen nicht trauen !
Die Firma zieht mit einem Bixler - Verschnitt nach und nennt ihn Domino-3,
vielleicht etwas stylischer als der in die Jahre gekommene Chinese und
farblich ganz toll. In diesem Punkt ist sie dem EasyStar von Multiplex und
dem Rocky von Graupner überlegen. Und im Preis auf jeden Fall, dieser
pendelt sich gerade auf 139,90 € - PNP mit 4 Servos, Regler und Motor - auf
dem Markt ein. Na, wenn der nicht chinesisch spricht ?!
Drei wunderschöne Modelle zierten den Stand, eine Douglas DC 3, zweimotorig mit Einziehfahrwerk und eine Twin Otter von VQ-Models. Mein Favorit allerdings eine Messerschmitt M35 von Extron Modellbau. Spannweite 2200 mm, UVP 329,00 € ohne Innenleben - wer da nicht schwach wird !
Dann ging es zu Graupner. Der Stand wie das Neuheitenpropekt - groß und nichtssagend. Wenn es einen Wettbewerb geben sollte, die geringsten Informationen in sehr teuren Prospekten zu verpacken, hier haben wir einen Favoriten !
In Beiden - Stand und Neuheitenprospekt bildeten die neuen Schmeißgeier mit Propeller und Pappeflieger den Schwerpunkt. Nun will ich nichts gegen Pappeflieger sagen, aber so neu sind sie nicht - Helmut Hammer baut seit Wochen an einem. Vielleicht sehen wir hier mal einen Baubericht ?!
Gefallen hat mir der E-Hawk 1500 von Thundertiger im Graupnerprogramm, ein Leichtwindseglerkit, der vielleicht Chancen auf die Elchtrophyteilnahme hat. Bei Achim Conrad für 57,99 € mit Motor, da kann man nicht viel falsch machen, wenn man mit Kleber und Folie umgehen kann.
Wie jedes Jahr besuchten wir Aeronaut. Da lacht immer das Herz eines Holzwurms und was Neues gibt es auch in jedem Jahr.
In diesem Jahr wird ein Rumpf mit drei Flächen angeboten - das nennt sich dann Triple Speed, Triple RES und Triple Thermik. Bei letzterem wurde dem Rumpf noch ein E-Motor spendiert. Der Philosophie von Aeronaut folgend, werden die Modelle nur als Bausatz angeboten. Auch hier bietet das Internet bereits Preise - zwischen 100 und 140 €, je nach Bauform.
Dann gibt es noch gelasertes Balsaholz, aus dem eine Luscombe Silvaire 8 mit 1600 mm Spannweite entstehen soll. Wer mehr über die Geschichte dieses Vogels willen will - Helmut fragen !
Da wir Futabafans sind, mussten wir natürlich bei Ripmax auflaufen. Die
Firma hat sich standmäßig allerdings sehr gegenüber dem vergangenen Jahr verkleinert.
Deutlich ist bei den Futaba Fernsteueranlagen der Trend, wieder in das preiswerte Segment
einzudringen. Das entnimmt man allerdings nur dem Infomaterial. Bunte,
durchsichtige Sender sollen ein junges Zielpublikum ansprechen. Aber da sich
die jungen Messebesucher in Grenzen hielten, hatte man sich eben die
Ausstellung gespart.
Ansonsten viele Black Horse Modelle, aber die werden von vielen Anbietern
unter das Volk gebracht und stellen keine Neuheit dar.
Und was noch ? Drohnen, Drohnen , Drohnen oder wie man fachlich besser sagen sollte : Multicopter, Multicopter, Multicopter. Die Herstellerfirmen haben schnell erkannt, dass hier die 250 g - Marke die Stunde der Wahrheit darstellt und bieten in diesem Gewichtsbereich Technik an, die träumen lässt. Multicopter sind heute stylisch, lassen sich edel zusammenfalten und fliegen traumhaft sicher.
Dann noch ein Wechsel in die Halle 12, ich habe die Nase langsam voll von Messe, aber Revell spielt hier eine Sonderrolle und befindet sich am anderen Messeende. Über die Spielwarengeschäfte wird von Revell zunehmend RC-Material verkauft, natürlich ohne zwingenden Hinweis auf Versicherungspflicht.
Eine Neuigkeit, eine fliegende Kamera. Man hat das Prinzip umgekehrt - nicht Multikopter mit Kamera sondern Kamera mit Multicopterausleger. Die Werbung sagt, dass dieses System den Selfie Stick ablösen soll - eine grauenhafte Vorstellung !
Ansonsten eine Menge an Drohnen. Eine lustige Idee - ein Multicopter als Geist, na wenn das den Flugmodellsport nicht beflügelt.
Vier Stunden Messe reichen. Wir sind eigentlich nicht schlauer, wissen aber, dass wir in diesem Jahr keinen Investitionszwang haben, denn es gibt nichts so richtig zu investieren. Aber irgend etwas wird man schon finden, das Jahr ist ja noch lang und das Fazit dieses Sonntages : Neuheiten haben nichts mit Messen zu tun.