Zu Gast bei Freunden

Fesselflug - World - Cup in Bitterfeld

Fesselflug -  kaum einer der älteren Modellflieger, der nicht schon mal einen Griff mit zwei Leinen in der Hand hatte.

Aber dann wurden die RC-Anlagen erschwinglich und man begann, "richtig"  zu fliegen.

Fesselflug gibt es aber noch heute. Und natürlich fliegen Fesselflieger richtig, eben nur nicht mit einer  Funke, sondern mit zwei Leinen.  Und das in einer maximalen Flughöhe von 25 m !

Einen Looping in 100 m Höhe kann ja jeder !

Fesselflug wird national und international ausgeübt und  von der FAI unter der Kategorie F2 gelistet.  Nationale, Europa - und Weltmeisterschaften werden regelmäßig ausgetragen.

Allerdings ist Fesselflug als Sportdisziplin heute nicht mehr auf einer freien Wiese denkbar, zu hoch sind die Sicherheitsanforderungen.

In Deutschland haben wir noch zwei Fesselfluganlagen, eine in  Sebnitz in Sachsen und eben eine in unserem Heimatverein in Bitterfeld in Sachsen Anhalt. Und der lädt jährlich am ersten Mai-Wochenende zum World Cup ein. So auch in diesem Jahr.

Bitterfeld besitzt drei Flugflächen mit jeweils 50 m Kreisdurchmesser - einen eingezäunten Bitumenplatz für Speed und Kunstflug, einen  eingezäunten Rasenplatz für die Fuchsjagd und einen Rasenplatz für das frei Training. Dazu kommen zwei Gebäude für Küche, Organisation und Auswertung. Ein eigener Campingplatz ist natürlich auch vorhanden und wird reichlich genutzt.

Gebaut wurde die Sportanlage 1986 und 1996 haben wir sie auf den heutigen Stand  erweitert. 1990 wurden hier die ersten gemeinsamen Deutschen Meisterschaften durchgeführt. Seit 1997 finden internationale World-Cup Wettbewerbe auf dieser Anlage statt.

In diesem Jahr war Jubiläum - der 25. Wettbewerb in den Klassen Geschwindigkeitsflug, Kunstflug und Fuchsjagd, zu dem Sportler aus Tschechien, Polen, der Slowakei, der Ukraine, Estland, Litauen, Lettland, Rumänien, Frankreich, den USA, Italien, England, Dänemark, Schweden, der Niederlande, Österreich und natürlich Deutschland begrüßt werden konnten.

Aber was muss man sich heute unter diesen Klassen vorstellen ?

Im Geschwindigkeitsflug werden Methanol-Motoren von 2,5 ccm eingesetzt, die um die 40.000 Umdrehungen an den Propeller bringen, der hier nur ein Blatt besitzt. Auffallend die Geometrie des Modells, optimal an den Kreisflug angepasst. Wer heute etwas in der Welt mitreden will, muss so um die 300 km/h fliegen.

Dazu wird der Griff im Flug in einen Pylon eingehängt und nach 8 Runden ist schon alles Geschichte. Klingt ganz einfach, ist aber Sport in Reinkultur, denn erstens wird das Modell in die Resonanz hinein geschleudert und dann muss man hinreichend schnell um den Pylon laufen, um nicht eingewickelt zu werden. Dass dabei das Modell auch noch gesteuert werden muss, ist natürlich klar.

Und dann gibt es in Bitterfeld in jedem Jahr noch einen Rekordversuch von Peter Lang mit seinem Pulsorohr - die V1 lässt grüßen.

Der Sound ist Respekt einflößend und wenn das Ding fliegt,  ziehen so um die 30 kg am Griff.

Ein kleiner Film soll die Geschichte mal etwas deutlicher machen. Übrigens fliegt das Rohr auch so um die 300 Stundenkilometer.

Und wer mal genau hinsieht bemerkt, wie schnell sich der Erbauer hinter den Zaun in Sicherheit bringt - Vertrauen ist gut ....

 

Viel ruhiger geht es da im Kunstflug zu.

Die Modelle haben eine Spannweite von ca.1600 mm, wiegen zwischen 1500 und 1900 g und werden entweder noch von einem 10 ccm Verbrenner oder viel besser von einem Elektromotor angetrieben. Ende des vergangenen Jahrtausends wurden neue Kunstflugregeln beschlossen, und da ohnehin keiner an Elektrokunstflug glaubte, wurde der Elektromotor zugelassen, ohne ihm eine Beschränkung zu verpassen.

Heute werden die E-Antriebe von einem High-Tech Timer gesteuert, der die Lage des Modells erkennt und den Antrieb danach regelt.

Natürlich schwören die älteren unter den Teilnehmern auf den Verbrenner, und obwohl der Anlasser erlaubt, ist dessen Benutzung ehrenrührig. Ein Kunstflugmotor kommt eben auf den ersten Schlag.

Wie man den Bildern entnehmen kann, sind die Modelle aufwendig lackiert und haben auch in der Regel ein langes Leben. Natürlich kann man ein solches Modell heute auch kaufen, der Kaufpreis ist 4-stellig und das nicht im unteren Bereich.

Stammgast in Bitterfeld, der ehemalige Welt - und Europameister Richard Kornmeier, der natürlich auch diesen Wettbewerb gewann. Im Schlepp der Rest der Nationalmannschaft   Frank Wadle und Christoph Holtermann, die die Plätze belegten.

Wir kennen Richard seit dem Beginn seiner Fesselfluglaufbahn, und da war er noch halb hoch und kam regelmäßig mit seinem Vater Wilhelm zu dem am World-Cup angeschlossenen Schülerwettbewerb. Nachwuchs gab es in den 90-iger Jahren noch genügend. Wir haben in unserem Archiv dieses Bild aus dem Jahr 2000 gefunden, da musste Richi noch zwei Schülerinnen auf der Treppe den Vortritt lassen und wurde Dritter ( obere Reihe, erster v.r. ). Als Gentleman würde das Richard sicher auch noch heute tun, aber nur außerhalb eines Kunstflugwettbewerbes.

 

Angelika hat die Gelegenheit genutzt und es ist ihr gelungen, Richard zu uns nach Elchingen zu einem Schaufliegen einzuladen, aber dazu später auf dieser Seite mehr.

Geflogen werden 15 vorgeschriebene Figuren, die von den Punktrichtern bewertet werden. Da die Temperaturen gering waren - sprich es war arschkalt - war das Punkten diesmal kein Spaß.

Es gab aber auch Piloten, die haben Rücksicht genommen und das Programm etwas verkürzt.

Leider ist der Untergrund eines Kunstflugplatzes aus Bitumen - gut für den Start aber tödlich für eine ungewollte Landung. Da im Kunstflug Leichtbau oberstes Prinzip ist, sieht dann das Ergebnis wie im Bild aus. Bauzeit eines solchen Modells > 400 Stunden, Kaufpreis siehe oben.

Und dann sind da noch die Chaoten, die Fuchsjäger. Das Prinzip sollte jedem bekannt sein, Modelle ziehen einen Schwanz, den sie sich gegenseitig abschneiden wollen. Kampfzeit 4 Minuten.

Allerdings hat sich hier drastisch etwas getan. Als ich mit dem Fesselflug begonnen habe, sprich vor mehr als 30 Jahren, gewann derjenige der beiden Fuchsjäger, der innerhalb der Zeit in der Luft war und sich mit den unstabilen Modellen auch dort halten konnte.

Die Sportler heute benutzen spezielle Modelle mit einem extra dafür angefertigten 2,5 ccm Motor. Das sind überwiegend ukrainische FORA  oder russische AKM Motoren, die den Fuchsjagdmodellen eine Geschwindigkeit bis zu 200 km/h verleihen. Der Tank wird aus einem im Krankenhaus-OP verwendeten Silikonschlauch gefertigt, der mit dem Treibstoff aufgeblasen wird und somit das Methanol in jeder Fluglage in den Motor drückt, denn hier treten etliche "g" im Flug auf. Um die Wahnsinnsleistung heraus zu kitzeln, werden spezielle Glühkerzen verwendet, die i.d.R. nur einen Flug überleben. Schalldämpfer sind zwar vorhanden, aber 100 db kommen trotzdem hinten raus.

Die Piloten gehen mit zwei Modellen und zwei Mechanikern in eine Runde, die Mechaniker überleben - die Modelle im Regelfall nicht.

Bis zum Finale gehen da schon mal schnell 10 Modelle drauf, aber die meisten reisen mit mehr als 15 an.

Was sich dann in der Kreismitte abspielt, ist sportlicher Kampf am Boden bei gleichzeitigem Kampf in der Luft, denn  wer den Kreis verlässt  wird  mit 40 Strafpunkten belohnt und da kann man ja auch nachhelfen - Sumu Ringer machen es  auch so.

Damit die ganze Sache nicht ausartet gibt es einen Cirkel - Marshall ähnlich dem Ringrichter beim Boxen, der im Ernstfall die beiden Kontrahenten trennt.

Wie gesagt - 4 Minuten Kampfzeit, jeder Abschnitt bringt 100 Punkte minus  und  jede Sekunde in der Luft einen Punktplus. Zieht man dann die Strafpunkte ab, weiß man, wer in der kommenden Runde ist.

Am Start in Bitterfeld waren 34 Teams. Damit ist diese Jagd eine der größten in Europa, denn wesentlich mehr bringt man auch an einem Wochenende nicht durch. Da stehen dann mindestens 68 Kämpfe an. In der Regel sind es durch das Ergebnis "unentschieden" wesentlich mehr.

Auch hier hatten wir prominenten Besuch. Gleich 2 Weltmeister gaben sich die Ehre - Audrius Rastenis aus Litauen  und Stanislav Chorny ( Bild 1 im nächsten Block ) aus der Ukraine. Im Finale hatte  Audrius die Nase vorn.

Viele der osteuropäischen Sportler machen das ganze Jahr nichts anderes als Fuchsjagd fliegen, aber sie beherrschen die Geschichte dann auch traumhaft.

 

Zur Demonstration auch hier einen kleinen Film.  Er zeigt, dass Mechaniker nicht nur etwas von Motoren verstehen müssen, sie sollten auch gute 100 m Läufer sein !

Schutzhelme sind seit vielen Jahren Pflicht, so dass ich mich an keinen Unfall erinnern kann, von einem Schnitt im Finger mal abgesehen. Und natürlich werden die Leinen ( 2 mal Stahllitze 0,35 mm Durchesser ) einem Zugtest unterzogen.

 

 

In Summe wieder zwei interessante Tage mit einem kleinen Hauch an Nostalgie aber auch sehr viel Zukunft. Und so lang es noch mehr aktive Fesselflieger als Scale - Segler Piloten gibt, wird Bitterfeld jährlich sein Fesselflugstadion aufschließen.

Aber auch dort geht man mit der Zeit. In diesem Jahr wird am 19. und 20.08.2017 erstmalig in Deutschland ein World-Cup im FPV- Race der Klasse F3U ausgetragen. Veranstalter ist hier der DAeC

Auch darüber werden wir berichten.

In diesem Sinne viele Grüße

Angelika und Matthias